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| Viktor / Viktoria |
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Altonaer Theater
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Das Altonaer Theater bringt in der Sommersaison 2009 einen bekannten Stoff auf die Bühne. Viktor/Viktoria erzählt die Kehrtwendung einer erfolglosen Sopranistin zum vermeintlichen Show-Boy, der als Travestie-Künstler für Aufsehen sorgt. Ihr Weggefährte, der arbeitslose Conferencier Toddy, verpasst ihr nicht nur ein imaginäres männliches Geschlecht, sondern auch ein Adelsprädikat. Er vermittelt „Graf Grazinski“ an den jobmüden Talententdecker André Cassell, der neue Energie aus der künstlerischen Betreuung seines Neuzugangs schöpft. Durch seinen Einfluss sorgt der Travestie-Star bald für Trubel im Milieu.
Diese Zusammenfassung ist von Nöten, wenn man hervorheben will, wie strukturiert die Regisseurin Ulrike Grote die Story umsetzt. Hat das Thema über Jahre hinweg irritiert, so kommt die Adaption des Altonaer Theaters über diesen Punkt hinaus. Das Theater thematisiert das Anderssein als humorvolle Reflexion des Gewohnten und personifiziert es durch Toddy, der mit seinem Schwulsein kokettiert. Als sein Chef ihm kündigt, widerspricht er mit den Worten: „Das kann ich mir nicht leisten!“ Als abservierter Künstler ebnet er dem Travestie-Amateur Viktor den Weg in das Showgeschäft. Zwar kommt die Handlung im ersten Akt nur schleppend voran, aber dann hält Ulrike Grote sehr schnell die Zügel straff, und das Musical bekommt einen Drive durch die Wandlungsfähigkeit von Meike Kircher als Viktor/Viktoria. Im Altonaer Theater geht es um mehr als einen Kostümwechsel, denn männliche und weibliche Attribute werden spielerisch ausgetauscht als zwei Seiten einer Medaille, die „vorne“ und „hinten“ glänzt. Ein Höhepunkt ist „The Tango“, mit dem Viktor dem verunsicherten King Marchan beweisen soll, dass "Graf Grazinski" keine Mogelpackung ist. Mit männlichem Temperament und weiblichem Charme wird der Tango zur Identitätssuche – eine Trotzerklärung an klassische Geschlechterrollen. Mehr Temperament vermag selbst ein Tango nicht zu verkraften. Hier geht Ute Geske als Choreografin bis an die Grenzen. Insgesamt nutzt die Adaption den Interpretationsspielraum, den das Stück lässt, sehr gut. Auf kitschige Kledage wird verzichtet. Hans-Jörg Frey schillert als Toddy durch seine Selbstironie. Stefan Haschke macht aus King Merchan einen gefühlsbetonten Menschen, der seine Emotionen ernster nimmt als sein Image, was eine Aufwertung der Figur ist. Regina Stötzel fällt als Norma durch ihr komödiantisches Talent auf. Sie ist eine pralle Blondine und kantig trotz aller Rundungen. Einen unerwarteten Schwung bekommt das Stück durch Simon Zigah, der als Bodyguard Squash eine große Spieldynamik entfaltet. Das Altonaer Theater präsentiert das Musical als das, was es ist: Eine Mischung aus Gangster-Komödie und Travestie-Show. Das Gewicht der Adaption liegt hier in der souveränen Beherrschung eines Gefühlswirrwarrs im Spagat zwischen Frau-Sein-Dürfen und Mann-Sein-Müssen. Die musikalische Leitung hat Andrea Simmendinger, während Matthias Stötzel mit den Arrangements betraut wurde.
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