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| Sylt-ein Irrtum Gottes? |
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Hamburger Kammerspiele
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Der perfekte Inseltraum liegt der energischen Katja Friese zu Füßen. Strandkörbe und Dünen umgeben sie, und in ihrer eigenen Strandbar ist sie Herrin über Cocktails und durstige Urlaubsgäste. Aber der Schein trügt. Seit Strandbarbetreiberin Katja Friese einen Meteoriteneinschlag erlebt hat, bildet sie sich ein, die Insel vor dem Untergang retten zu müssen. Ihren Mann, den launischen Gästeunterhalter Paolo, sowie den von ihr abhängigen Kellner Sven kann sie für ihre Inselrettungsaktion gewinnen, aber es fehlen die Zuhörer. Da kommt ihr der Ex-Staatssekretär und Macho Heiner Weber mit seinen visionären Spinnereien gerade recht. Er rät, den Freistaat-Status für Sylt einzufordern und lässt seine alten Kontakte spielen. Prompt vereinnahmt die Prominenz den Inselgolfplatz und feiert ein ausschweifendes Fest. Der Inselpolizist Jan Torf wird der Lage kaum her und berichtet von seinem schwersten Einsatz. Von seinem lautstarken Sturm der Entrüstung bekommt die ebenfalls angereiste Skandalreporterin Ina Briese Wind. Sie wittert die Chance auf die Story ihres Lebens und ersinnt schon einmal die Headline:„Sylt- ein Irrtum Gottes?“.
Katja Friese und ihre Helfer wollen einen Klatschskandal vermeiden und greifen zu Mitteln, die wiederum den Inselpolizisten auf den Plan rufen. Die Sylter Strandbar „Wonderbar“ ist Dreh- und Wendepunkt ungeahnter Intrigen und Tummelplatz von schrägen Figuren. Statt küstenüblichem, starkem Wellengang schlägt einem bei der Sylter Wonderbar teilweise heftiges Zungengewitter entgegen. Es ist einer der dramaturgischen Höhepunkte des Abends, wenn Ella Endlich als smarte Reporterin Ina Briese und Carolin Fortenbacher als herrische Strandbarbetreiberin verbal aufeinanderprallen und sich anzicken. „Das hier war das Paradies, bevor die Briese zu uns stieß“ blökt sie ihrer Kontrahentin von der Zeitung sinngemäß entgegen. Das schnippische Rhetorikduell der beiden wortgewandten Frauen kann man als Showdown bezeichnen, denn gegen Ende des zweiten Aktes entlädt sich die angestaute Meinungsdivergenz in einer Art Stimmungsgewitter. Nur noch die Macht der Liebe kann die dicken Gewitterwolken beiseite schieben und ermöglicht ein Happy End wie aus einem Schnulzenroman. Die knallharte Reporterin und der labile Inselpolizist Jan Torf verlieben sich plötzlich und vergessen beinahe auch ihren Job - aber nicht ganz: Im unpassenden Moment beschließt Jan Torf, bei der Geburt eines Schweinswals vor Ort zu sein und singend „nur noch kurz die Welt retten“. Das allerdings sehr zur Freude des Publikums, denn den Song wie auch die Rolle des introvertierten Polizisten interpretiert Tommaso Cacciapuoti wirklich gut. Ella Endlich gibt den Roger Cicero-Song „Frauen regieren die Welt“ als Solo zum Besten. Auch diese feminine Song-Interpretation wäre schon ein Grund, den Liederabend von Dietmar Loeffler und Susanne Behem-Loeffler zu besuchen. Aber die musikalische Show bietet noch einige zusätzliche Überraschungen, wie beispielsweise einen Sylter Inselsong zur Melodie von „Schuld war nur der Bossa Nova“ oder eine schlüpfrige und ganz und gar nicht steife Version des Evergreens „Great Balls of Fire“, welche die Gürtellinie ergreifend umkreist. Presse-Referenzen.de belässt es bei dieser Umschreibung. Für seinen Liederabend hat Dietmar Loeffler auch eine eigene Sylt-Hymne komponiert. Als Gästeunterhalter Paolo Friese begleitet der Autor und Komponist die anderen Mitwirkenden am Keyboard zum Live-Gesang. Auch für die Regie ist er verantwortlich. So laufen fast alle Fäden bei ihm zusammen, was vielleicht erklärt, dass das Stück in sich sehr schlüssig wirkt- dramaturgisch wie auch musikalisch. Birgit Voß hat mit ihren Kolleginnen und Kollegen ein tolles Bühnenbild gezaubert, das schräg-kitschig und funktionell zugleich ist. So finden die fetzigen Dialoge zwischen Bar und Strandkorb statt, teilweise aber auch auf einer Empore, die einen Holzsteg darstellt und Nebenszenen oder Hintergrund-Handlungen ermöglicht. Die Rollen des Kellners Sven und des Machos Heiner Weber füllen Stefan Hossfeld und Tim Grobe bestens aus. Der Polit-Snob gelingt Tim Grobe sehr gut, was auch für seine Gesangseinlagen gilt, besonders für den harmonischen Zweigesang mit der stimmgewaltigen Carolin Fortenbacher. Vor allem Ella Endlich zeigt in der Doppelrolle des naiven „Gänseblümchens“ Candy einerseits und der überheblichen Skandalreporterin andererseits große Wandlungskunst und ebenso große wie gleich bleibende Bühnenpräsenz. Sie hat einen großen Anteil am humorvollen Liederabend, der das Publikum bestens unterhält. Diese föhlich-frische Spaßbrise ruft Beifallsstürme hervor!
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